Montag, 28. Februar 2011

WritersWorkshop Ezine Ausgabe 02/2011 erschienen

Heute ist die neue Ausgabe des kostenlosen WritersWorkshop E-Zines erschienen, diesmal mit folgenden Artikeln:

- "Perfektion, nein danke… oder: Ihr idealer Leser”

- Review “WriteMonkey 2.01” mit White Noise Feature

- Review “Scrivener für Windows – neue Beta 1.7”

- Buchreview “Fondle Your Muse” von John Warner

Sie können die aktuelle Ausgabe sowie alle älteren Ausgaben des E-Zines im Downloadarchiv unter http://ezine.writersworkshop.de herunterladen (wo Sie das Magazin auch kostenlos abonnieren können) ;-)

Viel Spaß beim Lesen!

Samstag, 26. Februar 2011

Störungsfreies Schreiben durch Weißes Rauschen

Auch wenn für die meisten für uns der Idealzustand darin bestehen dürfte, das wir immer eine ruhige, stille und ablenkungsfreie Schreibumgebung haben, dürfte dies in der Praxis sehr häufig nicht der Fall sein. Ob wir nun in einem Café sitzen, wo sich Leute am Nachbartisch lautstark unterhalten, oder ob wir zuhause schreiben wollen, während unser Partner Fernsehen will oder die Kinder im Hintergrund lautstark spielen – oft müssen wir entnervt feststellen, dass es bei all dem Lärm kaum möglich ist, einen klaren Gedanken zu fassen oder sich womöglich auf die Suche nach einer gelungenen Formulierung zu konzentrieren.

Eine seit jeher beliebte Lösung, derart störende Geräusche auszuschließen, sind Ohrenstöpsel, die allerdings meist auch nicht gerade angenehm zu tragen sind und eine nach einiger Zeit durch die durch den Druck schmerzenden Ohren mindestens ebenso sehr vom Schreiben ablenken wie zuvor die störenden Umweltgeräusche. Die andere, bessere Lösung besteht darin, sich Kopfhörer aufzusetzen und so statt der störenden, zufälligen Geräuschkulisse im Hintergrund selbst zu bestimmen, was man während des Schreibens hört.

Radiosender oder Hörbücher sind hierbei naturgemäß absolut ungeeignet, da man hier fast schon automatisch aktiv zuhört und sich somit erst recht nicht mehr aufs Schreiben konzentrieren kann. dasselbe gilt generell für alle Arten von Musik mit Sprache. Selbst wenn wir die gesungene Sprache nicht verstehen, beschäftigt sie doch automatisch unser Unterbewusstsein und lenkt uns somit ab. Ruhige Instrumentalmusik ist schon geeigneter, weswegen viele Schriftsteller, die ich kenne, zum Beispiel gerne keltische Musik beim Schreiben im Hintergrund hören.

Wenn es einem aber nicht in erster Linie um eine angenehme Geräuschkulisse geht, sondern darum, die störenden Umweltgeräusche auszufiltern, sind gleichmäßige, monotone Geräusche weitaus besser geeignet. Denken Sie hierbei nur an die einschläfernde Wirkung des monotonen Ratterns eines fahrenden Zuges.

Je monotoner und gleichförmiger ein Geräusch ist, umso schneller wird es von unserem Unterbewusstsein ausgefiltert und von uns gar nicht mehr bewusst wahrgenommen. Jemand, der an einer belebten Straße wohnt, wird irgendwann das stetige Geräusch der vorbeifahrenden Autos, das ihn in den ersten Tagen fast in den Wahnsinn getrieben hat, gar nicht mehr bewusst wahrnehmen.

Dasselbe gilt für Geräusche wie weißes Rauschen, rosa Rauschen oder braunes Rauschen. Wenn man erstmals damit anfängt, hiermit zu experimentieren, werden einen diese Geräusche in den ersten Minuten eher fürchterlich nerven, obwohl sie die Hintergrundgeräusche erfolgreich überdecken können. Doch noch einer kurzen Eingewöhnungsphase wird man feststellen, dass man das anfangs allzu störend empfundene Rauschen kaum noch wahrnimmt, sondern selbst in einer lauten Umgebung angenehm konzentriert arbeiten kann.

Wenn Sie auch einmal einen Selbstversuch starten wollen, können Sie sich entsprechende Soundsamples unter www.richardnorden.de/content/Rauschen.zip herunterladen. Diese ZIP-Datei enthält jeweils eine einminütige Sounddatei für weißes, rosa und braunes Rauschen. Diese Hintergrundgeräusche können Ihnen dabei helfen, auch in lauten, unruhigen Umgebungen störungsfrei zu arbeiten, wenn Sie diese über Kopfhörer (wahlweise am Laptop über Ihren MediaPlayer oder mit einem beliebigen tragbaren MP3-Player) in einer für Sie angenehmen Lautstärke auf automatische Wiederholung geschaltet (ansonsten ist der Spaß nach einer Minute schon vorbei… ;-)) hören. Alle drei Dateien liegen im platzsparenden OGG-Format vor - Sie können die Dateien bei Bedarf natürlich auch problemlos ins MP3-Format umwandeln.

Zum Abspielen empfehle ich den kostenlosen MediaPlayer "Foobar2000", der sich auch portabel auf einem USB-Stick installieren lässt, da dieser im Gegensatz zum Windows MediaPlayer, VLC oder dem MediaPlayer Classic das sogenannte "gapless playback" beherrscht: Hierdurch wird die Sounddatei, wenn man auf automatische Wiederholung stellt, ohne jegliche Pause wiedergegeben. Bei den meisten anderen Playern hört man eine kurze, aber dennoch störende Pause von einer knappen Sekunde, bevor die Sounddatei wieder von vorne beginnt.

Natürlich ist es wichtig, dass man hier ein wenig mit der Lautstärke experimentiert. Was für einen selbst die richtige Einstellung ist, richtet sich meist in erster Linie nach der Lautstärke und Intensität der zu überdeckenden Hintergrundgeräusche.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Interview mit Iztok Stržinar

Anläßlich des Erscheinens von WriteMonkey 2.0, für das ich im Januar die deutsche Übersetzung fertiggestellt habe, hatte ich die einmalige Gelegenheit, Iztok Stržinar, den Entwickler von WriteMonkey, für das WritersWorkshop E-Zine zu interviewen.

RN: WriteMonkey hat sich in den letzten Jahren von einem anfänglichen Außenseiter zur mittlerweile unbestrittenermaßen besten Zenware-Textverarbeitung für Windows entwickelt. Wie sind Sie zur Programmierung gekommen?

IS: Zunächst einmal bin ich eigentlich kein Programmierer, sondern Journalist und habe daher eine besondere Beziehung zum geschriebenen Wort. Ich habe viele Jahre lang als IT-Journalist für das größte slowenische Computer-Magazin gearbeitet und dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Editoren und Textverarbeitungssysteme eingesetzt. Die Sache ist die: Ich entwickle WriteMonkey nicht als Programmierer, sondern als Schriftsteller - ich weiß daher, was man als Schriftsteller braucht und was nicht. Ich verwende WriteMonkey auch selbst für all meine Schreibprojekte. Meine Erfahrungen mit WriteMonkey stammen daher sozusagen aus erster Hand. Ich glaube, dass das mein größter Wettbewerbsvorteil gegenüber 'echten' Entwicklern ist, die üblicherweise die von ihnen entwickelten Programme selbst niemals verwenden.

RN: Wie Sind Sie auf die Idee zu WriteMonkey gekommen?

IS: Ein ablenkungsfreies Textsystem zu schreiben, also sozusagen Zenware, ist nicht meine Idee gewesen. Ich habe ein solches Programm zum ersten Mal Anfang 2007 gesehen, als ich Writeroom auf dem Mac in Aktion gesehen habe. Das war auf dem Rechner eines Freundes, so dass ich nur einen kurzen Blick darauf werfen konnte - dennoch war es Liebe auf den ersten Blick.

Wie Sie wissen, sind echte - also professionelle - Schriftsteller sehr anspruchsvoll, was ihre Schreibwerkzeuge angeht. Es ist nicht nur die Funktionalität, die zählt, sondern auch das Look&Feel der gesamten Arbeitsumgebung. Ein flexibel anpassbarer Vollbild-Texteditor mit einer minimalistischen Oberfläche ist die logische Antwort darauf. Und das Zen-Konzept beschreibt diesen Ansatz perfekt.

Soweit ich mich erinnere, gab es Anfang 2007 bereits eine Reihe von Windows-Clones von Writeroom: DarkRoom, Q10 und - da bin ich mir nicht ganz sicher - JDarkRoom. Die waren ganz in Ordnung, aber weit von meinem idealen Texteditor entfernt...

Damals hatte ich schon recht solide Programmiererfahrung mit Webanwendungen: PHP, Javascript, sogar Flash Actionscript - aber noch kein Bisschen mit der Entwicklung von Programmen für Windows. WriteMonkey ist mein erstes .net Projekt. Die erste Codezeile, die ich jemals in C# geschrieben habe, lebt vermutlich immer noch irgendwo im Programmcode von WriteMonkey.

RN: Hätten Sie anfangs gedacht, dass WriteMonkey einmal so bekannt werden würde?

IS: WriteMonkey begann ursprünglich als reines Hobbyprojekt und hatte damals nur einen einzigen Zweck: eine Schreibanwendung zu entwickeln, die meinen eigenen, persönlichen Ansprüchen gerecht werden kann. Ich wollte mir sozusagen nur selbst den Rücken kratzen. Natürlich habe ich das Programm schon in einem recht frühen Stadium online veröffentlicht, in ein paar Foren dazu gepostet - und war dann ziemlich überrascht, dass eine ganze Reihe von Leuten das Programm mochte. Es muss etwas Magisches in der schwarzen Oberfläche mit dem Text in der Mitte liegen - denn außer dem schwarzen Bildschirm war da anfangs nicht viel mehr.

RN: Was glauben Sie, woran das liegt?

IS: Meiner Meinung nach ist das Hauptproblem moderner Textverarbeitungsyssteme ihre Fixierung auf WYSIWYG (What you see is what you get). Sie zwingen einen, in einer Art Druckvorschau zu schreiben. Das ist eine gute Sache für Leute in Büros, die mit Kopieren und Einfügen Briefe aus Textbausteinen zusammenbasteln, aber nicht für Schriftsteller. Warum sollte ich stundenlang auf eine Schrifart starren, die zwar auf dem Papier gut aussieht - aber nicht am Bildschirm? Auch wenn ich Arial in Schriftgrad 11 auf dem fertigen Ausdruck brauche, bevorzuge ich vielleicht dennoch Consolas in Schriftgrad 16 für die Arbeit am Bildschirm. Es ist nur zu gut, dass mein Text auf dem Bildschirm optisch nichts mit der gedruckten (oder exportierten) Version zu tun hat. WriteMonkey ist daher sozusagen eine WYSINWYG-Anwendung (also "Was man sieht, ist NICHT das, was später rauskommt").

RN: Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, RTF-Textformatierungen in WriteMonkey zu integrieren?

IS: Schon ganz von Anfang an haben die Anwender nach RTF-Unterstützung gefragt und ich war oft in Versuchung, es ins Programm rein zu nehmen, aber heute denke ich, dass es die richtige Entscheidung war, beim reinen Text zu bleiben. Ich könnte jetzt mit der ganzen Debatte Textverarbeitung contra Schreiben anfangen, aber das lasse ich jetzt mal - Sie kennen diese Debatte ja selbst nur zu gut.

RN: Wie ging es mit der Entwicklung von WriteMonkey weiter?

IS: Nun, früher oder später fand ich heraus, dass ein leerer schwarzer Bildschirm mit schönen Buchstaben zwar angenehm ist, aber dass man doch noch ein paar andere Funktionalitäten benötigt, um wirklich effektiv schreiben zu können. Keines dieser Tools konnte ich in traditionellen Textverarbeitungen finden.

Der Kern der WriteMonkey-Gemeinschaft waren Schriftsteller (von denen viele technisch bewandert sind), und auch die fingen damit an, mein Mailpostfach mit zahllosen Vorschlägen für Verbesserungen und neue Funktionen zu füllen. Viele davon waren hervorragend und ich begann mich zu fragen: Wo zum Teufel sind Microsoft und Konsorten? Warum ist so etwas nicht Bestandteil von Word? Es würde sie nichts kosten, zum Beispiel eine vernünftige Fortschrittsanzeige in der Statuszeile zu realisieren - ich verstehe das bis heute nicht.

RN: Woher kommt eigentlich der Name WriteMonkey?

IS: Es gibt drei Metaphern, die mit diesem Namen verknüpft sind: 'Monkey Mind' aus dem Buddhismus, der geistige Zustand, in dem man sich nicht konzentrieren kann. Der Affe springt andauernd zwischen verschiedenen Dingen hin und her und bringt dabei nichts zustande. Das ist die Sache, die ihn von uns Menschen unterscheidet. Oder so ähnlich… Es ist insofern sowohl amüsant als auch bedeutungsvoll, den Affen im Namen eines solchen Programms zu haben.

Dann gibt es da noch das bekannte Zitat mit den unendlich vielen Affen, die, wenn man sie unendlich lange auf Schreibmaschinen herum tippen lassen würde, irgendwann die kompletten Werke von Shakespeare produzieren würden.

Na ja, außerdem werden professionelle Programmierer oft als 'Code Monkeys' bezeichnet. Was sind dann professionelle Autoren? Mit Sicherheit 'Write Monkeys' ;-)

RN: Wie wird es mit WriteMonkey weiter gehen? Was ist für die Zukunft geplant?

IS: Technisch gesehen verfolge ich bei WriteMonkey einen evolutionären Ansatz. Neue Features entwickeln sich recht spontan, wie sie eben von mir oder von den Anwendern benötigt werden. Ja, ich habe auch eine To-Do-Liste, aber es gibt keinen großen Master-Plan dahinter. Ich muss schlicht und einfach jede Änderung oder Erweiterung mögen. Es gibt ja auch keinen kommerziellen Druck dahinter, der dazu führen könnte, dass sich WriteMonkey in die falsche Richtung entwickelt. Wobei es natürlich nicht so ist, dass ich kein Geld gebrauchen könnte. Es ist zwar eine Menge Arbeit, aber der Spaß daran überwiegt noch immer. Und natürlich die ganzen glücklichen Anwender. Das ist es, was das Projekt am Leben hält.

Ach ja, die weitere Planung… Jetzt, wo gerade WriteMonkey 2.0 erschienen ist, bin ich momentan hauptsächlich an der Bekämpfung von Bugs, die sich noch irgendwo verstecken. Das größte Problem momentan hängt mit den Eingabemethoden der Chinesen, Japaner und Koreaner zusammen. Das neue Feature mit den eingebundenen Kommentaren arbeitet irgendwie nicht richtig mit diesen Sprachen zusammen und ich habe noch keine Ahnung, warum. Das ist besonders schwierig, da ich mich mit diesen Sprachen überhaupt nicht auskenne. Glücklicherweise gibt es da ein paar 'östliche' Anwender, die bereit sind, mir zu helfen.

Wenn ich das erst einmal erledigt habe, gibt es schon ein paar Kandidaten für mögliche neue Features auf meiner Liste, aber ich habe mich noch nicht entschieden, was davon als Nächstes dran kommt.

RN: Das klingt interessant. Was denn zum Beispiel?

IS: In letzter Zeit habe ich viel über eine erweiterte Sprünge-Funktionalität nachgedacht. Neben der aktuellen Funktionsweise - also individuelle Texte nach verschiedenen Formatierungen zu durchsuchen - würde ich gerne eine Art Projektmodus integrieren, der es ermöglicht, viele Einzeltexte zu einem Projekt zusammenzufassen. Wie die Kapitel in einem Roman, zum Beispiel. Es gibt zwei mögliche Ansatzpunkte dafür: entweder der einfache "Alle Dateien in einem Ordner"-Ansatz oder ein vielseitigerer, dateibasierter Datenbank-Ansatz. Mal sehen...

RN: Und was für andere Ideen kämen noch in Frage?

IS: Eine andere Idee ist, eine WriteMonkey API zu entwickeln, die es anderen Entwicklern ermöglicht, zu WriteMonkey beizutragen. Es gibt zum Beispiel eine Menge Anfragen für die Einbindung von Online-Diensten - also die Möglichkeit, direkt aus WriteMonkey in Blogs zu posten, Backups auf Onlinediensten wie Evernote zu speichern, Texte per Mail direkt an den Kindle Reader zu schicken und so weiter. Es wäre nicht sinnvoll, all das in WriteMonkey hinein zu packen. Der richtige Weg ist, so etwas über eine Schnittstelle als Erweiterungen einzubinden.

Ach ja, da gibt es noch eine interessante Sache: Wie Sie wissen, experimentiere ich manchmal mit etwas außergewöhnlichen bis seltsamen Features, die oft als versteckte Boni ihren Weg in WriteMonkey finden. Momentan beschäftige ich mich mit dem Effekt des weißen Rauschens. Analog zum weißen Licht, das ein Konglomerat aller Lichtfrequenzen ist, ist weißes Rauschen das, was wir hören, wenn es eine Vielzahl von Hintergrundgeräuschen aus unterschiedlichen Quellen gibt. Das Plätschern eines Flusses, das Rauschen des Winds in den Bäumen, das Geräusch des Regens… Solche Geräusche können eine äußerst positive Auswirkung auf das Schreiben haben. Zunächst einmal sind sie sehr angenehm und haben einen geradezu hypnotischen Effekt, außerdem maskieren sie sogar bei geringer Lautstärke alle anderen Geräusche wie Unterhaltungen im Hintergrund und blenden sie schlicht und einfach aus.

Stellen Sie sich das nur mal vor: Sie sitzen mit Ihrem Laptop in einem Café und wollen nicht von den lauten Unterhaltungen um Sie herum gestört werden. Setzen Sie Ihre Kopfhörer auf, aktivieren Sie das Feature 'weißes Rauschen' in WriteMonkey und Sie können sich wieder problemlos konzentrieren.

RN: Die Idee klingt gut. Ich habe hier auch schon mit Geräuschen wie dem Knistern eines Kaminfeuers sehr positive Erfahrungen gemacht. Man kann also schon mal sehr gespannt sein, was uns mit WriteMonkey 2.1 erwarten wird. Vielen Dank für das Gespräch und den ausführlichen Einblick in die Entstehungsgeschichte von WriteMonkey.