Samstag, 15. Dezember 2007

Puzzlesteinchen und Dominoeffekte

Eines der schönsten Dinge beim Schreiben ist dieses wunderbare Gefühl, ständig neue Details in der eigenen Romanwelt zu entdecken, die scheinbar schon immer da waren und einem erst jetzt ins Auge springen, wo sie wie ein lange Zeit fehlendes Puzzleteil ins Bild zu passen scheinen.
Manchmal allerdings scheint eines der neu entdeckten Puzzleteile überhaupt nicht ins Bild zu passen. Es ist wie bei einem Kreuzworträtsel, bei dem der 'griechische Philosoph' nach dem Ergänzen eines Quereintrags plötzlich auf 'TMS' endet. Kurzum, das neu entdeckte Puzzleteil scheint einfach nicht in den Rahmen zu passen. Andererseits ist es aber viel zu faszinierend, um es einfach wieder ungenutzt zur Seite zu legen. Wenn es in dieses Puzzle gehört, dann hierhin! Und so drückt, presst und hämmert man, bis das Teil schließlich an Ort und Stelle sitzt. Nur um dann allerdings kurz darauf festzustellen, dass man dadurch einige andere Teile voll und ganz aus ihrer Verankerung gerissen hat. Was tun? Das Rad zurückdrehen und alles wieder rückgängig machen?
Zugegeben, manchmal tut man das. Es kommt darauf an, wie groß die 'Kollateralschäden' sind, die man durch das Einfügen des neuen Handlungselement an seiner bisherigen Planung anrichtet. Manchmal nimmt man das neue Teil mit einem bedauernden Seufzen wieder aus dem Spiel und verstaut es in der Schublade bei all den anderen wunderschönen, aber nicht richtig passenden Puzzlesteinchen - in der leisen Hoffnung, irgendwann einmal das passende Puzzle für diesen Stein zu finden.
Aber es gibt auch Fälle, in denen das neue Puzzlesteinchen, bis man sich halbwegs zu einem solchen Schritt durchgerungen hat, schon Wurzeln geschlagen hat, die nach allen Seiten austreiben, ungeahnte Verbindungen zu anderen Teilen aufbauen und alles nicht Passende gnadenlos aus dem Weg drängen. Fegt man die herausgesprengten Trümmerstücke zur Seite, entdeckt man meist, dass das neue Bild, auch wenn bisher nur lückenhaft erkennbar, viel schöner und faszinierender als das ursprüngliche Motiv ist.
Manchmal kann sich das zu einem regelrechten Dominoeffekt entwickeln, der kaum noch einen Stein auf dem anderen lässt. Kritisch wird dies besonders dann, wenn es nicht bei der Planung, sondern erst beim Schreiben oder (noch schlimmer) bei der Überarbeitung eines Romans passiert. Ehe man sich versieht, ist man in seiner Zeitplanung gleich um einige Wochen oder sogar ein paar Monate zurückgeworfen. Aber ich denke, das ist es wert. Immer noch besser als der Gedanke, am Schluss beim Blick auf den eigenen Roman bedauernd sagen zu müssen: 'Hättest du es so umgebaut, wie du es mal vorhattest, wäre es eine ganze Klasse besser geworden.' ;-)

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