Samstag, 8. August 2009

Ablenkungsfreies Schreiben - WriteMonkey 0.9.4

Bei meinem Review im vergangenen Jahr konnte sich der Neueinsteiger WriteMonkey des slowenischen Entwicklers Iztok Stržinar trotz interessanter Ansätze und Ideen nur im Mittelfeld platzieren. Mittlerweile ist Version 0.9.4 erschienen, um sich der letzes Jahr noch übermächtig starken Konkurrenz des Platzhirsches Q10 zu stellen - und tatsächlich hat die neue Version das Potenzial, alle Konkurrenten in den Schatten zu stellen.

Installation:

Leider verfügt WriteMonkey auch in der aktuellen Version immer noch über kein richtiges Installationsprogramm, sondern wird nur als gezipptes Verzeichnis zum Download angeboten. Man muss die Dateien daher selbst in das Verzeichnis 'Programme' des Rechners entpacken und anschließend eine Desktopverknüpfung zum eigentlichen Programm einrichten.

Der Vorteil der ZIP-Datei ist andererseits, dass WriteMonkey sich problemlos auch auf USB-Sticks installieren lässt. Vielleicht wird es in einer zukünftigen Version (1.0?) sowohl ein Installationsprogramm für unerfahrene User als auch die entpackbare ZIP-Datei geben - dies wäre jedenfalls wünschenswert, um PC-Anfängern den Einstieg in dieses ansonsten ausgezeichnete Programm zu erleichtern.

Konfiguration:

Die Einstellung von Farben und Schriftarten war schon in frühen Versionen von WriteMonkey vorbildlich. Man kann bis zu vier Kombinationen aus Schriftart, Schriftgröße, Schriftfarbe und Hintergrundfarbe in sogenannten Quickslots abspeichern, so dass man sie per einfachem Klick jederzeit aufrufen kann.

Weiterhin gewöhnungsbedürftig ist das Feature 'Try luck', bei dem Schriftfarbe und Hintergrundfarbe zufällig ausgelost werden. Meist kommen hierbei fürchterliche Kombinationen wie eine hellgrüne Schrift auf einem rosa Hintergrund heraus, die oft nicht einmal lesbar sind. Sinnvoll wäre, beim Auslosen der Farben darauf zu achten, dass diese mindestens soviel Kontrast haben, dass man zumindest theoretisch damit arbeiten könnte. Aber es wird ja niemand gezwungen, dieses skurrile Feature zu nutzen - daher ist es nicht tragisch, dass es nur selten verwendbare Ergebnisse liefert.

Die Konfiguration der Schreiboberfläche ist elegant und intuitiv gelöst. Per Schieberegler kann man die Ränder (links/rechts, oben und unten), sowie den Abstand zwischen Zeilen und Absätzen komfortabel an seine eigenen Bedürfnisse anpassen - und sieht direkt im Hintergrund, wie sich die Änderungen auswirken. Auch die vier Eckpunkte des Textbereichs können, wenn sie einen stören, einfach ausgeblendet werden.

Einzigartig ist auch die Möglichkeit, Absätze nicht nur (wie bei ZenWare-Textverarbeitungen üblich) mit dem klassischen Flatterrand linksbündig auszurichten, sondern wahlweise z.B. auf Blocksatz umzuschalten. Bei großen Bildschirmen (ab 1280 Pixel Breite) sieht dies m.E. wesentlich gefälliger aus als die klassische linksbündige Ausrichtung - aber auch das ist natürlich Geschmackssache.

Das breite Spektrum an Konfigurationsmöglichkeiten wird durch die Option abgerundet, die komplette Konfiguration in eine Datei zu exportieren und bei Bedarf wieder zu laden. So kann man einerseits seine Einstellungen problemlos auf andere Rechner übertragen oder andererseits mit unterschiedlichen Konfigurationen für unterschiedliche Arten von Schreibprojekten arbeiten.

Statistiken:

Die Fortschrittsleiste am unteren Bildschirmrand kann auf visuell (wachsender Balken) oder numerisch (klassischer Wordcount) umgestellt werden. Wahlweise kann man auch einen Zwischenzähler einblenden, der per Tastendruck auf Null zurückgesetzt werden kann. Ideal, wenn man ein in Arbeit befindliches Manuskript öffnet und z.B. heute weitere 1.000 Wörter schreiben will. Zwischenzähler auf Null setzen und los schreiben, die aktuelle Tagesleistung wird stets in Klammern vor der Gesamtlänge des Manuskripts eingeblendet.

Wenn man einen Teil des Manuskriptes markiert, wird automatisch statt der Gesamtlänge nur die Länge des markierten Teils eingeblendet - auch eine sehr benutzerfreundliche Idee.

Über F12 lässt sich nicht nur die Statusleiste (was wird angezeigt) konfigurieren, sondern man erhält auch noch eine ganze Reihe weiterer Statistiken über das aktuelle Dokument (Anzahl der Absätze, Sätze und Zeichen, durchschnittliche Länge eines Satzes in Zeichen (leider nicht in Wörtern, das wäre noch eine sinnvolle Ergänzung) etc).

Bedienung:

WriteMonkey lässt sich trotz der immensen Anzahl von Tastenkombinationen und Shortcuts angenehm schnell und flüssig bedienen. Per F1 erhält man eine Übersicht aller Tastaturfunktionen und Formatierungsoptionen. Gleichzeitig kann man fast alle Funktionen über ein optisch sehr ansprechendes Kontextmenü über die rechte Maustaste abrufen.

Sehr schön ist auch das Feature 'Soft Close'. Ist dieses in den Optionen aktiviert, wird WriteMonkey mit STRG+Q nicht komplett beendet, sondern nur in den rechten Bereich der Taskleiste minimiert, so dass man schnell die Arbeit an der letzten Stelle wieder aufnehmen kann.

Formatierung:

Einer der größten Kritikpunkte von Autoren an ZenWare-Programmen wie Q10 war stets, dass es nicht möglich ist, im Bedarfsfall auch einmal mit Formatierungen wie fett, kursiv oder unterstrichen zu arbeiten, da diese Programme im txt-Dateiformat speichern, das solche Formatierungen nicht unterstützt.

WriteMonkey behilft sich hier nicht nur mit den aus alten DOS-Textverarbeitungen bekannten Formatzeichen wie *fett*, _kursiv_ und __unterstrichen__, sondern geht noch einen ganzen Schritt weiter. WriteMonkey bietet auch Formatoptionen für Überschriften, eingerückte Absätze oder nummerierte Listen.

Das alles wäre natürlich sinnlos, wenn man die so formatierten Texte nicht auch exportieren könnte. WriteMonkey lässt Sie Ihre Texte per Knopfdruck in HTML oder RTF exportieren und schlägt damit die Brücke zu den klassischen Textverarbeitungssystemen wie Word oder OpenOffice. Perfekt gelöst.

Navigation:

Die Formatierungsoptionen gehen nahtlos in die Navigation über. Neben den komfortablen Scroll- und Blätter-Optionen (mit den üblichen Funktionen wie finden/ersetzen) verfügt WriteMonkey über eine regelrechte Navigationszentrale, die jederzeit mit ALT+J aufgerufen werden kann. Mit übersichtlichen Listen kann man direkt auf einzelne Bookmarks (also z.B. Stellen, die man markiert hat, weil hier noch eine Überarbeitung erforderlich ist), Absätze oder Überschriften zugreifen. Hiergegen wirken die Notizen in Q10 (zwei an den Anfang gestellte Punkte, die man z.B. als Kapitelüberschriften nutzen konnte) regelrecht spartanisch.

Und natürlich ist WriteMonkey so intelligent, dass Bookmarks (die am Bildschirm als @@ dargestellt werden) beim Export in RTF oder HTML nicht mit umgewandelt werden und also auch nicht manuell gelöscht werden müssen.

Dateiverwaltung:

WriteMonkey öffnet wahlweise (ähnlich wie Q10) beim Start das zuletzt bearbeitete Manuskript und merkt sich auf Wunsch sogar die aktuelle Cursorposition (!). Um Datenverluste zu vermeiden, kann WriteMonkey automatisch in frei definierbaren Zeitabständen speichern und sogar in einem Verzeichnis auf dem Desktop (oder in einem anderen frei wählbaren Verzeichnis) Backups früherer Versionen archivieren. Auf Wunsch bindet sich WriteMonkey auch in den Dateiexplorer ein, so dass man zukünftig Textdateien über die rechte Maustaste direkt mit WriteMonkey öffnen und bearbeiten kann.

Ähnlich wie Word hält auch WriteMonkey eine Liste der zuletzt bearbeiten Dateien im Hintergrund. Per STRG+TAB kann man schnell auf diese zugreifen - dieselbe Option steht auch zur Verfügung, wenn man WriteMonkey in die Taskleiste minimiert: per Klick mit der rechten Maustaste kann man direkt auf jedes der Dokumente zugreifen.

Rechtschreibprüfung:

WriteMonkey kommt vorinstalliert mit einer englischen Rechtschreibprüfung. Weitere Wörterbücher (u.a. auch Deutsch) können jedoch in einer ZIP-Datei von der Webseite heruntergeladen und einfach in das entsprechende Unterverzeichnis entpackt werden. Die Rechtschreibprüfung läuft ähnlich wie z.B. bei Word, hat aber Probleme mit Abkürzungen wie (z.B., o.ä, i.A. etc.), da hier nur der Teil bis zum ersten Punkt als Wort erkannt und gegen das Wörterbuch geprüft wird. Eine sinnvolle Verbesserung wäre hier, einen von einem Buchstaben gefolgten Punkt als Bestandteil des Wortes zu interpretieren.

Druckoption:

Im Gegensatz zur Konkurrenz kann man seine Texte auch direkt aus WriteMonkey heraus drucken. Eine Druckvorschau und eine schlichte Funktion zur Anpassung des Drucklayouts sind ebenfalls vorhanden (Papierformat, Ausrichtung, Seitenränder). Achtung: Formatierungen wie fett, kursiv, unterstrichen oder gar Überschriften haben keinerlei Auswirkungen auf den Druck, der genauso erfolgt, wie WriteMonkey den Text auf dem Bildschirm darstellt.

Weitere Features:

Repository:

Gerade für die Arbeit an langen Dokumenten ist das 'Repository', also der 'Aufbewahrungsort', sehr nützlich. Textabschnitte können markiert und per Tastendruck dorthin verschoben werden. Per F5 kann man jederzeit zwischen dem eigentlichen Text und dem Repository hin und her schalten, wobei standardmäßig im Repository die Farben invertiert sind (bei mir also z.B. schwarz auf bernsteinfarben statt bernsteinfarben auf schwarz), damit man direkt weiß, wo man sich befindet.

Schreibmaschinenmodus:

Waren das nicht früher noch Zeiten, als man seine Manuskripte in die Schreibmaschine getackert hat, statt sie in den PC zu hämmern? Da gab es kein Backspace oder Copy/Paste - höchstens Tippex. Was geschrieben war, war geschrieben. Also half nur, sich jeden Satz genau zurecht zu legen, bevor man ihn schrieb - oder sich mit einer lausigen ersten Fassung abzufinden. Aber auch das war nicht das Schlechteste. Per STRG+SHIFT+ALT+F kann man in den (nicht dokumentierten!) Schreibmaschinenmodus umschalten. Bis zum Neustart von WriteMonkey gibt es weder Backspace noch Delete, weder kopieren, noch ausschneiden oder einfügen. Ein geniales Feature für diejenigen unter uns, die immer wieder einen Schritt zurück gehen, nochmal korrigieren, überlegen, etwas einfügen oder rausnehmen und so weiter. Der Schreibmaschinenmodus von WriteMonkey kann helfen, eine erste Rohfassung schneller als bisher zu Papier bzw. auf den Bildschirm zu bekommen.

Passend dazu gibt es in WriteMonkey übrigens zuschaltbare Schreibmaschinengeräusche (unterschiedliche Modelle von der klassischen Maschine bis zur Typenradschreibmaschine können auf der Webseite heruntergeladen werden), die den Schreibmaschinenflair noch steigern. ;-)

Potenzial / Zukunftsaussichten:

WriteMonkey hat sich zu einem brillanten Programm gemausert, das jeder Schriftsteller oder Blogger auf seinem Rechner haben sollte. Da Iztok Stržinar das Programm permanent weiter entwickelt und auch in seinem Forum bereitwillig auf Verbesserungsvorschläge der Anwender eingeht, hat WriteMonkey das größte Potenzial aller Zenware-Textverarbeitungen für Windows. Ich kann jedem nur raten, sich WriteMonkey unter http://writemonkey.com herunter zu laden und, wenn es einem gefällt, den Entwickler mit einer PayPal-Spende für seine hervorragende Arbeit zu belohnen.

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