Freitag, 9. Dezember 2011

Haben Sie alle Zeit der Welt zum Schreiben?

Wenn Ihr Buchprojekt, mit dem Sie sich schon seit Monaten oder gar seit Jahren (zumindest gedanklich) beschäftigen, partout nicht fertig werden will – woran liegt es?

Viele Autoren führen als Hauptargument, warum sie ihr Buch nicht fertig bekommen, einen Mangel an Zeit an. Dass es mit der Zeit zu tun hat, würde ich in den meisten Fällen bestätigen. Nur nicht mit zu wenig Zeit, sondern mit zu viel Zeit. Klingt paradox? Nur auf den ersten Blick...

Wenn Sie keinen festen Endtermin haben, bis zu dem Sie Ihr Buch fertig geschrieben haben wollen, schlägt Parkinsons Gesetz mit aller Härte zu: "Jede Arbeit dehnt sich auf den Zeitraum aus, der zu ihrer Erledigung zur Verfügung steht."

Sie kennen das mit Sicherheit selbst: Wenn eine Aufgabe (ob es nun die erst Ende Mai fällige Steuererklärung, eine fürs Studium einzureichende Abhandlung oder das Aufräumen der Wohnung vor dem Besuch der Schwiegereltern ist) noch in relativ weiter Zukunft liegt, neigt man oft dazu, der Aufschieberitis nachzugeben oder höchstens halbherzig und ganz gemächlich daran zu arbeiten.

Doch wenn der Abgabetermin (bzw. der Besuch der Schwiegereltern) plötzlich in erschreckende Nähe rückt, entwickeln wir im nun dringend notwendigen Endspurt mehr Schwung und Energie als in den gesamten letzten Wochen. Und letzten Endes schaffen wir es dann immer noch in letzter Minute rechtzeitig über die Ziellinie, auch wenn die Ergebnisse dann durch den Zeitdruck vielleicht nicht immer hundertprozentig sein mögen.

Diese Gesetzmäßigkeit lässt sich auch aufs Schreiben übertragen - und mit ein wenig Planung können wir sie sogar zu unserem Vorteil nutzen. Chris Baty, der Gründer und Erfinder des NaNoWriMo, hat es wunderbar auf den Punkt gebracht: "Das größte Hindernis, das uns von unseren künstlerischen Ambitionen abhält ist nicht ein Mangel an Talent. Es ist das Fehlen eines festen Endtermins."

Auch wenn Sie keinen Vertrag mit einem Verlag geschlossen haben, der Sie dazu verpflichtet, Ihr Buchmanuskript bis zu einem bestimmten Stichtag einzureichen, können (und sollten!) Sie sich dennoch selbst Termine setzen - und dann alles daran setzen, diese Termine auch wirklich einzuhalten.

Solche Termine sind immer eine gewisse Gratwanderung. Genehmigen Sie sich zu viel Zeit, greift Parkinsons Gesetz. Setzen Sie Ihr Zeitlimit hingegen zu eng, besteht das Risiko, dass Sie das Schreiben nicht mehr als angenehme Tätigkeit empfinden, sondern nur noch als zusätzlichen Stress. Und das ist ein sicherer Weg in eine Schreibblockade - zumindest falls Sie nicht zu den Menschen gehören, die am liebsten (und am besten) unter brutalem Termindruck arbeiten.

Wichtig ist in jedem Fall, dass Sie sich nicht nur einen einzigen Endtermin für die Fertigstellung Ihres gesamten (womöglich bis dahin schon fertig überarbeiteten) Buchs setzen. Brechen Sie stattdessen Ihr Buchprojekt in einzelne Phasen herunter und setzen Sie sich für jede Phase einen separaten Termin.

Bis wann wollen Sie beispielsweise die Planung Ihres Buchs abgeschlossen haben? Bis wann soll Kapitel 1 fertig geschrieben sein? Bis wann Kapitel 2 etc.? Bis wann wollen Sie Ihre eigene Revision abgeschlossen haben? Bis wann wollen Sie sich Testleser für Ihr Buch gesucht haben?

Achtung: Setzen Sie nur für die jeweils nächste Phase ein festes Datum als Endtermin ein. Alle anderen Termine definieren Sie lediglich in Form von Tagen oder Wochen, die Ihnen hierfür zur Verfügung stehen (also beispielsweise "5 Tage für das Schreiben von Kapitel 3"). Dies erleichtert es Ihnen, Ihre Terminplanung jederzeit flexibel an die unvermeidlichen Abweichungen (ob diese nun positiver oder negativer Natur sind) anzupassen.

Wenn Sie beispielsweise bis zum 20.12 mit der Planung Ihres Buchs fertig sein wollten und feststellen, dass Sie eine Woche länger brauchen, da das Thema komplexer als ursprünglich gedacht ist - kein Problem! Setzen Sie einen neuen Endtermin eine Woche später und arbeiten Sie weiter.

Wichtig ist allerdings, dass Sie den Ursachen für die Abweichungen auf den Grund gehen. Sind Sie krankheitsbedingt oder durch eine ungeplante Dienstreise ein paar Tage nicht im geplanten Umfang zum Schreiben gekommen? Oder sind fünf Tage für ein Buchkapitel bei Ihrem engen Zeitplan einfach zu wenig?

Wenn es nur eine einmalige Abweichung ist, verschiebt sich der Endtermin für Ihr gesamtes Buchprojekt lediglich um so viele Tage nach hinten, wie Sie Ihren aktuellen Meilenstein nach hinten umterminieren mussten. Und theoretisch haben Sie in den weiteren Phasen Ihres Buchprojekts sogar noch die Möglichkeit, diesen Rückstand wieder aufzuholen, indem Sie die eine oder andere Phase ein paar Tage schneller als ursprünglich geplant abschließen.

Stellen Sie umgekehrt fest, dass Sie doch statt fünf eher acht Tage für das Schreiben eines Kapitels einplanen müssen, tun Sie das. Wenn Sie noch zehn Kapitel vor sich haben und jetzt jeweils drei Tage mehr einplanen müssen, macht das letzten Endes gerade mal einen Monat aus. Und was ist das schon bezogen auf die Dauer eines kompletten Buchprojekts?

Auch wenn Sie noch nie mit festen Terminen für Ihre kreativen Projekte gearbeitet haben, sollten Sie es unbedingt einmal auf einen Versuch ankommen lassen. Sie werden sehen, dass es einen gewaltigen Unterschied ausmacht und dass die Fertigstellung Ihres Buchprojekts plötzlich in greifbare Nähe rückt.

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