Mittwoch, 7. Dezember 2011

Der Fall Markham

Dass Autoren sich beim Schreiben von Romanen schon einmal von bereits bestehenden Büchern inspirieren lassen, ist ja bekannt. Und solange man sich nur durch einzelne Ideen inspirieren lässt und auf Basis dieser Ideen eine ansonsten komplett eigenständige Handlung entwickelt, die außer dem ursprünglichen, zündenden Funken nichts mehr mit dem Original zu tun hat, ist dagegen auch nichts zu sagen.
Kritisch wird es, sobald nicht mehr nur Ideen, sondern echte Textfragmente übernommen und nicht oder nur geringfügig umformuliert werden – wie auch Helene Hegemann mit ihrem Roman “Axolotl Roadkill” merken musste, bei dem sie sich an einzelnen Stellen aus Beiträgen eines Bloggers bedient hatte, ohne dies als Zitate zu kennzeichnen.
Doch die Krönung des Plagiarismus – bzw. eher der schriftstellerische und moralische Tiefpunkt – ist wohl dem englischen Schriftsteller Q.R. Markham (mit bürgerlichem Namen Quentin Rowan, ironischerweise ein Buchhändler) gelungen: Wie nur wenige Tage nach dem Erscheinen seines Thrillers “Assassin of Secrets” herauskam, hat er für sein Buch ganze Passagen fast wortwörtlich aus klassischen Romanen anderer Schriftsteller wie Ian James Bamford, Charles McCarry, Raymond Benson, Geoffry o’Brien, James Gardner etc. kopiert. Eine detaillierte Gegenüberstellung von Original und Fälschung findet man unter http://www.edrants.com/q-r-markham-plagiarist/. Angeblich soll Markham darüber hinaus auch noch von Ian Fleming (“James Bond”) und Robert Ludlum abgeschrieben haben.
Peinlicherweise ist dies weder den Lektoren des Verlags noch den Rezensenten aufgefallen, die dem Roman schon vor dem offiziellen Erscheinungstermin hervorragende Kritiken ausgestellt haben. Mittlerweile hat der Verlag das erst Anfang November erschienene Buch aufgrund der aufgedeckten Plagiatsvergehen aus dem Verkehr gezogen. Die wenigen im Umlauf befindlichen und gebraucht am Markt kursierenden Exemplare könnten also bald Seltenheitswert bekommen.
Wie niedrig muss das Selbstwertgefühl eines solchen “Schriftstellers” sein, wenn er tatsächlich glaubt, auf den dreisten Diebstahl fremder Formulierungen angewiesen zu sein? Und wie unglaublich dumm muss er sein, zu glauben, dass er zur Zeit von Google & Co. mit einem derart dreisten Diebstahl durchkommen könnte? Bei so etwas fehlen mir offengestanden die Worte. Eines ist “Q.R. Markham” alias Quentin Rowan allerdings gelungen: Er ist mit seinem ersten Buch sehr bekannt geworden – nur nicht auf die Art, auf die er es sich gewünscht hätte. ;-)

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